Ohnmacht und Aufbegehren. Homosexuelle Männer in der frühen Bundesrepublik
Geschichte der Homosexuellen in Deutschland nach 1945, Band I. Edition Waldschlösschen Band 9
Andreas Pretzel, Volker Weiß (Hg.)
Hamburg 2010 , Männerschwarm Verlag
ISBN: 978-3-939542-81-0
Preis: 20.00 EUR
Verfolgung, Diskriminierung und Entrechtung - auch nach dem Ende des Nationalsozialismus prägte dies den Alltag homosexueller Männer. Gleichzeitig suchten sie sich auch schon in der frühen Bundesrepublik dagegen zu wehren. Trotz der übermächtigen Allianz aus Staat und Kirche stritten sie für gesellschaftliche Anerkennung.
Das Buch präsentiert neue Studien zum Schicksal Homosexueller nach dem Ende der NS-Zeit, zur Homophilenbewegung der 1950er bis hin zum Generationskonflikt am Ende der 1960er Jahre. Es wirft damit die überraschende Frage auf, ob nicht auch schon zu Beginn der 1950er Jahre eine "Bewegung" existiert hat, die in späteren Jahren wieder erstickt wurde.
Inhalt
Einleitung
Andreas Pretzel, Volker Weiß
Überlegungen zum Erbe der zweiten deutschen Homosexuellenbewegung
Rainer Marbach
Erinnerungen an die 1950er und 1960er Jahre und den Aufbruch der Schwulenbewegung. Autobioghraphische Anmerkungen
I. Schatten der Vergangenheit
Albert Knoll
"Die Vergessenen" und die "ausgeschlossenen Opfer" - Spurensuche nach homosexuellen Überlebenden des Konzentrationslagers Dachau
Stefan Micheler
" … und verbleibt weiter in Sicherungsverwahrung" Kontinuitäten der Verfolgung Männer begehrender Männer in Hamburg 1945-1949
Andreas Pretzel
Wiedergutmachung unter Vorbehalt und mit neuer Perspektive - was homosexuellen NS-Opfern verweigert wurde und was wir noch tun können
II. Bewegung und Selbstbehauptung
Gottfried Lorenz
Hamburg als Homosexuellenhauptstadt der 1950er Jahre. Die Homophilen-Szene und ihre Unterstützer für die Abschaffung des § 175 StGB
Jens Dobler
Schwules Leben in Berlin zwischen 1945 bis 1969 im Ost-West-Vergleich
Michael Bochow
Schwules Leben in schwierigen Zeiten - zwei Biographien
III. Bewegung im Generationskonflikt
Christian Schäfer
Das Ringen um § 175 StGB während der Post-Adenauer-Ära - Der überfällige Wandel einer Sitten- zu einer Jugendschutzvorschrift
Raimund Wolfert
"Sollen wir der Öffentlichkeit noch mehr Anlaß geben, gegen die ‚Schwulen' zu sein?". Die Internationale Homophile Weltorganisation (IHWO)
Martin Dannecker
Der glühende Wunsch nach Anerkennung und die Affirmation der Differenz - Von den Homophilen der Nachkriegszeit zur Schwulenbewegung der 1970er Jahre
Jan Feddersen
Gebrochene Prinzen. Ambivalente Blicke auf die Männer aus den 1950er Jahren
Über die Autoren
Michael Bochow, Dr. rer .pol., Jahrgang 1948, Soziologe; seit über 20 Jahren in der sozialwissenschaftlichen AIDS-Präventionsforschung und Minderheitenforschung tätig, zurzeit am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Er veröffentlichte zuletzt zusammen mit Axel J.
Schmidt und Stefanie Grote «Schwule Männer und HIV/AIDS: Lebensstile, Szene, Sex 2007» (AIDS-Forum DAH Bd.55, Berlin 2010).
Martin Dannecker, Prof. Dr. phil., Jahrgang 1942, Sexualwissenschaftler und Autor. Von 1977 bis 2005 war er am Institut für Sexualwissenschaft des Klinikums der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main tätig. Zuletzt veröffentlicht «100 Jahre Freuds ‹Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie› – Aktualität und Anspruch» (hgg. zusammen mit Agnes Katzenbach, Gießen 2005).
Jens Dobler, Dr. phil., Jahrgang 1965, Historiker, arbeitet als Archiv- und Bibliotheksleiter im Schwulen Museum, Berlin. Er veröffentlichte zuletzt
das Nachwort in Walter Homans «Tagebuch einer männlichen Braut» (Bibliothek rosa Winkel, Band 53, Hamburg 2010).
Jan Feddersen, Jahrgang 1957, Soziologe, ist Redakteur für besondere Aufgaben bei der Tageszeitung TAZ in Berlin. Er ist Gründungs- und
Vorstandsmitglied der Initiative Queer Nations e.V. Er veröffentlichte u.a. «Wunder gibt es immer wieder» (Berlin 2010) sowie Texte zu homo-
politischen Fragen.
Albert Knoll, Jahrgang 1958, Archivar und Historiker, arbeitet an der KZ-Gedenkstätte Dachau und leitet das «Forum Homosexualität Mün-
chen e.V., Lesben und Schwule in Geschichte und Kultur». Er veröffentlichte zuletzt «August Fleischmann – Der Seelenforscher. Ein Vorkämpfer
der Münchner Homosexuellenbewegung» (München 2007).
Gottfried Lorenz, Dr. phil., Jahrgang 1940, Historiker, Skandinavist, Studiendirektor a.D., Mitarbeiter der Initiative «Gemeinsam gegen das
Vergessen – Stolpersteine für homosexuelle Opfer». Veröffentlichungen zur skandinavisch-deutschen Geschichte und zur altisländischen Mytho-
logie. Co-Autor der Bücher «Hamburg auf anderen Wegen» (Hamburg 2005) und «Homosexuellenverfolgung in Hamburg 1919-1969» (Hamburg 2009).
Rainer Marbach, Dr. phil., Jahrgang 1944, nach dem Studium der Geschichte, Germanistik, Kunstgeschichte und Soziologie Studienrat in Göt-
tingen, ab 1990 in der Erwachsenenbildung tätig. Seit 1972 in Zusammenhängen der Schwulenbewegung und schwulenpolitisch engagiert. 1981 Gründung der Akademie Waldschlösschen – seit 2003 Stiftung, deren Vorstandsvorsitzender er ist.
Stefan Micheler, Dr. phil., Jahrgang 1970, Historiker, Museumspädagoge, Gymnasiallehrer in Hamburg, Lehrbeauftragter für Geschichte und Gen-
der Studies; Veröffentlichungen und Projekte: www.StefanMicheler.de.
Andreas Pretzel, Jahrgang 1961, Kulturwissen-schaftler und Historiker, arbeitet an der Forschungsstelle zur Geschichte der Sexual-wissenschaft bei der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft Berlin. Zuletzt erschienen: «Homosexuellenpolitik in der frühen Bundesrepublik» (Hamburg 2010).
Christian Schäfer, Dr. jur., Jahrgang 1971, Jurist in Wiesbaden. Er veröffentlichte «‹Widernatürliche Unzucht› (§§ 175, 175a, 175b, 182 a.F. StGB)
- Reformdiskussion und Gesetzgebung seit 1945» (Berlin 2006).
Volker Weiß, Dr. phil., Jahrgang 1963, Sozialwissen-schaftler, seit 2001 in der Erwachsenenbildung tätig beim Verein Niedersächsischer Bildungs-
initiativen; Mitglied mit Vorstand des Schwulen Forum Niedersachsen; Autor und Herausgeber verschiedener Artikel und Bände der «Edition
Waldschlösschen» sowie der «Edition Waldschlösschen Materialien», u. a. «…mit ärztlicher Hilfe zum richtigen Geschlecht? Zur Kritik der me-
dizinischen Konstruktion der Transsexualität» (Hamburg 2009).
Raimund Wolfert, Jahrgang 1963, Skandinavist und Historiker, arbeitet an der Forschungsstelle zur Geschichte der Sexualwissenschaft bei der
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. Er veröffentlichte zuletzt «Gegen Einsamkeit und ‹Einsiedelei›: Die Geschichte der Internationalen Homophilen Welt-Organisation» (Hamburg 2009).